Hausgemacht oder Corona-bedingt?
Eine Meldung aus Nürnberg machte diese Woche in allen Medien Schlagzeilen: Die fränkische Metropole verschiebt den Bau eines neuen Konzertsaales auf wohl unbestimmte Zeit. Jedenfalls soll er in der laufenden Legislaturperiode des Stadtrats, also bis 2026, nicht realisiert werden. Im Hinblick auf die prekäre Finanzlage der Stadt sei die Realisierung des in der Planung schon weit fortgeschritten Baus nicht zu verantworten, erklärte sichtlich konsterniert der neue Oberbürgermeister Marcus König (CSU). Die Entscheidung wurde in Nürnberg zusammen mit dem Kooperationspartner SPD getroffen. „Corona hat uns unglaublich stark getroffen. Wir müssen 200 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen.“ Allerdings hätte die Stadt auch Verbindlichkeiten in Höhe von 50 Millionen Euro ohne Corona aufnehmen müssen.
Liest man den „Broadcast“ der Ingolstädter CSU, der montags im Anschluss an die Fraktionssitzung publiziert wird und öffentlich ist, so könnte man den Eindruck gewinnen, dass die in Ingolstadt geplante Neuverschuldung, die sich etwa in der gleichen Größenordnung wie in Nürnberg bewegt, lediglich auf die großzügige Bewilligung von neuen Stellen bei der Stadtverwaltung zurückzuführen sei: „Corona-Lasten sind das aber nur zum geringen Teil, diese werden nämlich durch Bund und Land zum größten Teil aufgefangen. Die Neuverschuldung ist in Ingolstadt schon hausgemacht!“ Nach Darstellung der Ingolstädter CSU scheint es also keine Einbrüche bei den Steuereinnahmen zu geben, die praktisch überall beklagt werden. Doch die Sprachregelung der Ingolstädter Konservativen betreffend Schulden war schon immer etwas eigenartig. Da wurden z. B. Schulden der IFG, also der städtischen Tochtergesellschaft, nicht als Schulden der Stadt selbst betrachtet. In anderen Kommunen werden Bauvorhaben, die in Ingolstadt über die IFG abgewickelt werden, als Bauten der Stadt realisiert; es sind damit verbundene Verbindlichkeiten selbstverständlich städtische Schulden. Und dann wurden im Sprachgebrauch der früheren Stadtspitze diese Schulden als „rentierlich“ (weil sie sich durch Einnahmen aus den finanzierten Bauten selbst abzahlen würden) und somit als eigentlich zu vernachlässigende Verbindlichkeiten dargestellt. Urplötzlich hieß es dann allerdings, die Schulden der IFG seien zu hoch und müssten reduziert werden. Aber städtische Schulden waren es im Sprachgebrauch der CSU dann doch nicht. Die frühere Stadtspitze erklärte Ingolstadt immer als schuldenfrei.
Im Augenblick zieht die CSU gegen zusätzliche Stellen in der Verwaltung zu Felde. Kommt der fiskalische Angriff auf die Kammerspiele noch?