IG Metall-Tradition erfreut sich großer Beliebtheit
IG Metall-Tradition erfreut sich großer Beliebtheit
Seniorenversammlung der IG Metall Ingolstadt
Ingolstadt, 19.04.2023. Rund 600 IG Metall-Seniorinnen und -Senioren haben sich am vergangenen
Dienstag zu ihrer ersten Seniorenversammlung im neuen Jahr zusammengefunden. Aufgrund der
hinter uns liegenden Corona-Pandemie, konnte die Versammlung in den vergangenen drei Jahren
nicht durchgeführt werden. Entsprechend groß war die Freude der Anwesenden, wieder in alter
Tradition zusammen zu kommen, um sich zu informieren und auszutauschen.
Markus Rößler, Politischer Sekretär der IG Metall Ingolstadt, eröffnete die Versammlung im gut
gefüllten Haus mit einem kurzen Blick auf aktuelle tarif- und gesellschaftspolitische Themen. Er weist
zu Beginn auf die bestehende Wichtigkeit von Tarifverträgen hin, denn diese sorgen aus seiner Sicht
für eine gerechte Entlohnung und später für eine Rente, von der man auch gut leben kann.
„Beschäftigte ohne Tarifvertrag arbeiten länger, verdienen aber im Durchschnitt 350 Euro brutto
weniger im Monat. In der Industrie verdienen Tarifbeschäftigte sogar 840 Euro im Monat mehr als
ohne Tarifvertrag“, führt Rößler weiter aus.
Richtung Politik formuliert der Gewerkschafter eine klare Forderung: „Die Einführung eines
Tariftreuegesetzes für den Freistaat Bayern ist mehr als überfällig“. Solch ein Gesetz gibt es bereits in
allen Bundesländer, außer in Bayern und Sachsen, und soll zukünftig vorschreiben, dass öffentliche
Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden können. Rößler verweist an
dieser Stelle auf eine aktuelle Erhebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, aus der hervorgeht,
dass die Aufträge der öffentlichen Hand rund 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmachen.
Bayern hatte im Jahr 2022 ein Bruttoinlandsprodukt von ca. 674 Milliarden Euro. Demnach unterliegt
ein Vergabevolumen von über 114 Milliarden Euro nicht der Tariftreue. „Das ist ein Skandal, dem
baldmöglichst ein Ende bereitet werden muss!“, so Rößler.
Beim Thema Rente richtet der Gewerkschafter seine Forderungen sowohl an die Politik als auch an
die Wirtschaft. Die Beschäftigten brauchen zum Einen ein Recht auf eine gute, vom Arbeitgeber
finanzierte Betriebsrente und zum Anderem muss die Politik der Stärkung der gesetzlichen Rente
sowie der dauerhaften Stabilisierung des Rentenniveaus oberste Priorität einräumen. Zum Abschluss
macht Rößler in aller Deutlichkeit klar: „Wer jahrzehntelang in die Rente einzahlt, der muss darauf
vertrauen können, dass ihm im Alter das Geld zum Leben reicht“.
Der Regionsgeschäftsführer des DGB Oberbayern, Günter Zellner, hielt als Gastredner einen Vortrag
zu den sozialpolitischen Herausforderungen unserer Zeit und die Rolle der Gewerkschaften.
„Das was Gewerkschaften machen, ist nicht nur für sie selbst, sondern Gewerkschaftsarbeit und
gewerkschaftliches Engagement ist immer auch für die gesamte Gesellschaft“. Mit diesen Worten
knüpfte Zellner unmittelbar an seinen Vorredner an. „Gewerkschaften sind die einzigen, die sich für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen und die Beschäftigten im Blick haben und nicht von
irgendwelchen Lobbyunternehmen oder Kapitalgebern finanziert werden und dann öffentlich in deren Richtung argumentieren“, so Zellner. „Wenn man in die Vergangenheit schaut, dann sind es
die Themen wie die 5-Tage-Woche, der bezahlte Jahresurlaub, die Mitbestimmung im Betrieb, der
Mutterschutz, der Kündigungsschutz, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Tarifverträge,
Branchenmindestlöhne sowie die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns, um an dieser Stelle nur
einige zu nennen. Wie lange haben die Metallerinnen und Metaller dafür gekämpft und gestreikt,
damit alle in Deutschland die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, diese Leistungen in
Anspruch nehmen können“, spitzt Zellner weiter zu.
Die Verlängerung der Kurzarbeitsregelungen der vergangenen drei Krisenjahre sind hierfür ein
weiteres aktuelles Beispiel. Diese haben Massenentlassungen verhindert und damit einen
erheblichen Einbruch der Rentenversicherung abgewendet. Auch die Energie- und Strompreisbremse
sowie die Energiepreispauschale wurde auf Vorschlag und Nachdruck der Gewerkschaften politisch
umgesetzt.
Die Zuzahlungen im Gesundheitswesen und die unterfinanzierte gesetzliche Pflegeversicherung sind,
neben der Rentenpolitik, für den Gewerkschafter ungelöste politische Baustellen. Er verweist auf die
exorbitante Preissteigerung sowohl in der stationären als auch ambulanten Pflege, der Problematik
der versicherungsfremden Leistungen und auf die grundlegenden Systemfehler im
Finanzierungsmodell hin. Hier plädiert Zellner für die Einführung einer solidarischen
Bürgerversicherung; ein Versicherungsmodell, in das zukünftig alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen
und darüber versichert sein sollen. „So könnten die Gesamtkosten für das Sozialversicherungssystem
gesenkt und dadurch mehr soziale Gerechtigkeit erreicht werden“, so Zellner.
Die Vermögenssteuer ist für den Gewerkschafter ein Reizthema. Die Reichen in diesem Land sind
auch in den letzten fünf Jahren reicher geworden und die Ärmeren sind ärmer geworden. Ein Prozent
unserer Gesellschaft, rund 80.000 Menschen, besitzen ein Drittel des gesamten Vermögens. Zehn
Prozent besitzen fast 70 Prozent des Gesamtvermögens. Diese Vermögensverteilung hält Zellner für
unanständig und muss durch die Erhebung einer Vermögenssteuer verändert werden, um damit
gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu finanzieren. Er verweist zum Abschluss auf ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes. „Dieses Urteil besagt, dass das Gesetz zur Erhebung der
Vermögenssteuer in der aktuellen Form nicht verfassungskonform ist; es besagt jedoch nicht, dass
eine Gesellschaft gar keine Vermögenssteuer erhaben darf“, so Zellner. Abschließend zitiert der
DGB´ler auszugsweise aus der Bayerischen Verfassung: „Alle sind im Verhältnis ihres Einkommens
und Vermögens und unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltspflicht zu den öffentlichen Lasten
heranzuziehen.“
Zum Ende seiner Rede fasst Zellner zusammen: „Uns als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter
geht auch in Zukunft die Arbeit nicht aus“. Seine Bitte: „Sagt es den Jüngeren, wie wichtig
Gewerkschaftsmitgliedschaft ist. Sagt ihnen, wenn sie eine gute Zukunft haben wollen, müssen sie
sich gewerkschaftlich organisieren und zusammenhalten“.