Wenn sich Autos mit Ampeln abstimmen
Audi vernetzt seine neue e-tron Modelle mit den Ampeln der Stadt Ingolstadt.
Das Auto vor Ihnen reduziert die Geschwindigkeit. Die Ampel, die Sie im Blick haben, ist – noch – grün. Hä – und der da vorne fährt langsamer? Ja. Weil „der da vorne“ – genauer sein Audi e-tron – mit der Ampel kommuniziert und längst weiß, dass sie in 20 Sekunden auf Rot schaltet und er genau wie Sie keine Chance hat, bei Grün über die Kreuzung zu fahren. Nur er hat´s rechtzeitg gewusst. Ingolstadt ist die erste Stadt in Europa, in der Audi diesen Dienst „Ampelinformation“ anbietet.
Rund 100 intelligente Ampeln gibt es bereits in Ingolstadt, bis 2022 sollen alle über 160 städtischen Ampeln so ausgerüstet sein, dass sie mit den Fahrzeugen kommunizieren können. In einer gemeinsamen Pressekonferenz haben Vertreter der Stadt Ingolstadt und der AUDI AG das Projekt nun vorgestellt.
V.l.: OB Christian Lösel, Audi Werkleiter Achim Heinfling, Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle und Peter Steiner (GF Audi Electronics Venture GmbH)
Zwei Millionen Euro investiert die Stadt in die Ampel-Infrastruktur. Dabei gehe es darum, die Bürger zu entlasten, indem der Verkehrsfluss so optimiert wird, dass Stau, Lärm und Schadstoffausstoß reduziert werden. Mit Blick auf die zahlreichen Hochschul- und Wirtschaftsprojekte, die gerade in Ingolstadt auf den Weg gebracht wurden, meinte Oberbürgermeister Christian Lösel: „Wir wollen für die Bürger außerdem einen Standort schaffen, der im Hochtechnologiebereich führend ist und der gut und fair bezahlte Arbeitsplätze bietet.“ Ampeln und High-Tech? Das ist vielleicht nicht gleich offensichtlich, aber hier steckt jede Menge Datentechnik drin. Die Ingolstädter Ampeln laufen und reagieren verkehrsabhängig, das heißt sie reagieren auf Signale, die z.B. von Bussen, der Feuerwehr oder Fußgängern kommen, beziehen aber auch den Gegenverkehr mit ein. Und so werden Unmengen von Daten verarbeitet, die nun als Grundlage für den Dienst „Ampelinformation“ dienen. „Wir werden diese Ampelstatusdaten allen Interessierten anbieten und hoffen, dass sich auch andere beteiligen,“ meinte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle. Sowohl OB Christian Lösel als auch Renate Preßlein-Lehle, Audi Werkleiter Achim Heinfling und Peter Steiner (Geschäftsführer der Audi Electronics Venture GmbH) betonten bei dieser Gelegenheit die gute und intensive Zusammenarbeit zwischen Stadt und Audi.
Mit drei Audi e-tron durfte das Ampelinformationssystem dann auch auf Herz und Nieren getestet werden. Und voilà: Im schicken Head up Display konnten die „Testfahrer“ nicht nur die aktuell gefahrene und die vorgeschrieben Geschwindigkeit ablesen, sondern bekamen auch eine grüne oder rote Ampel mit den entsprechenden Sekundenangaben eingeblendet.
Foto: AUDI AG
Michael Zweck (Vorentwicklung Smart City bei der Audi Electronics Venture GmbH), der seit 2011 mit dem Vehicle-to-Infrastructure-Service (V2I), also mit der Entwicklung dieses Ampelinformationsystems befasst ist, weist außerdem auf eine Tücke hin, die dem Außenstehenden wohl kaum bewusst ist: Nicht jede Ampel wird von der selben Kommune oder Firma betrieben. Je nachdem, ob es sich um Signalanlagen an einer Bundesstraße, einer Autobahn oder einem Betriebsgelände handelt. In den USA, wo Audi 2016 mit V2I begonnen hat, kamen da schon mal hunderte unterschiedlicher Ampelbetreiber in einer Stadt zusammen. Das allerdings auszutüfteln, ist nicht zwingend die Aufgabe eines Autoherstellers.
Deshalb obliegt das Datenmanagement einer spezialisierten Firma – im Ingolstädter Fall ist das TTS (Traffic Technology Services). TTS bereitet die Rohdaten der städtischen Verkehrsmanagement-Zentralen auf und übermittelt sie an die Audi-Server. Von dort gelangen die Informationen über eine schnelle Internetverbindung ins Auto. „Wir berechnen jede Sekunde, was die Ampel in den nächsten 180 Sekunden tun wird,“ erklärt TTS Geschäftsführer Frank Offermann. Dieses Wissen landet schließlich in alle Audi e-tron, A4, A6, A7, A8, Q3, Q7 und Q8, die ab Mitte Juli produziert werden („Modelljahr 2020“).