Sommerinterview mit Christian Lösel
Regionalbahn, Donauufer, Landesgartenschau und Sommerurlaub – darüber spricht Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel im IN-direkt Interview.
Herr Oberbürgermeister, eine Ingolstädter Delegation hat sich vor Kurzem in Regensburg über das Stadtbahn-Projekt informiert. Welche Erkenntnisse konnten Sie von diesem Besuch mitnehmen?
Zunächst haben wir zur Kenntnis genommen, dass das Gesamtprojekt etwa eine halbe Milliarde Euro kostet. Da die Förderung voraussichtlich auf 50 bis 55 Prozent hinaus laufen wird, wird die Stadt Regensburg 230 Millionen Euro selbst aufbringen müssen. Zweite Erkenntnis: Die Stadt Regensburg hat in normalen Jahren 100 Millionen Euro mehr an Gewerbesteuereinnahmen als die Stadt Ingolstadt. Das zeigt, was auch Bürgermeister Wittmann immer sagt, dass wir zwar eine gute Situation in Ingolstadt haben, aber dass wir keine reiche Stadt sind. Dritte Erkenntnis: Es geht in Regensburg um gut 14 Kilometer Streckenlänge und nur um eine große Stammstrecke und nicht um ein komplettes, dichtes Straßenbahnnetz. Vierte Erkenntnis: Auf allen Strecken fahren derzeit Busse, die dann verdrängt würden. Fünfte Erkenntnis: Das Regensburger Busnetz ist – anders als in Ingolstadt – an den Anschlag gekommen. Deswegen versucht man dort eine Straßenbahn einzuziehen. Sechste Erkenntnis: Die Regensburger hatten im Gegensatz zu uns schon einmal eine Straßenbahn. Deswegen verfügen sie über die komplette Infrastruktur bis hin zur Tatsache, dass in Gebäuden wie etwa im Rathaus, entsprechende Durchfahrten vorhanden sind.
In der Summe haben alle Parteien, die vor Ort waren, also SPD, CSU, FW und AfD, festgestellt, dass es sich in Regensburg um eine ganz andere Situation als in Ingolstadt handelt und man das nicht kopieren kann. Mein Ansatz bleibt nach wie vor die Regionalbahn, weil unser Problem mit täglich rund 200 000 Fahrzeugbewegungen die Pendler aus dem Stadtumland sind. Die Regionalbahn könnte hier Entlastung schaffen, weil die Bahnhöfe in der Nähe des Zentrums und in der Nähe des größten Arbeitgebers liegen und die Regionalbahnhöfe eigentlich sämtliche Wohnquartiere von Pfaffenhofen über Baar-Ebenhausen, Münchsmünster, Neuburg, Gaimersheim und Eichstätt anbinden können. Da muss dann der Bus sternförmig zuarbeiten, so dass die Bürger aus den Wohnvierteln zu den Regionalbahnhöfen kommen.
Christian Lösel (Mitte) bei der Eröffnung des Stadturlaubs mit Tom Palmew (re) und Rodscha aus Kambodscha
Mit Regensburg haben wir die Donau gemeinsam. Diese ist in Regensburg aber ebenfalls ganz anders integriert als in Ingolstadt. Wie sehen da die Visionen für die Zukunft in Ingolstadt aus? Sie sind ja schon dabei, Menschen und Donau wieder näher zusammen zu führen…
Die Stadtratsperiode 2020 bis 2026 soll eine Stadtratsperiode der „Stadt an der Donau“ werden. Sie könnte sich hauptsächlich darum drehen, Einrichtungen an der Donau zu schaffen, die das Verweilen am Fluss und die Donauatmosphäre in den Vordergrund stellen. Manche Projekte laufen bereits, beispielsweise die Aufwertung der Donaubühne. Die INKoBau Gesellschaft erarbeitet derzeit ein Konzept, dass die Donaubühne cool und chillig bleibt – aber ohne das unschöne Hüttendorf. Es muss ein nahezu unsichtbares Gebäude mit Toilettenanlagen und Stauraum im Hang errichtet werden. Die gute Stube der Gastronomie bildet die Donaubühne. Wichtig ist dabei, dass es jung und jugendlich bleibt. Die zweite Maßnahme ist das Panoramarestaurant im achten Stock des Anbaus des Kavalier Dalwigk. Dieses wird Ende 2021, Anfang 2022 fertig werden – mit einem unvergleichlichen Blick über die Donau und den Klenzepark und seine Bauten. Wir können damit auch den Besuchern etwas bieten, die es gern etwas gediegener haben möchten. Für diejenigen, die es moderner mögen, wird sich auf der Langterrasse des Dalwigk-Anbaus die Möglichkeit ergeben, sich auf eine 700 Quadratmeter große Rooftop-Bar zu begeben. Die dritte aktuelle Maßnahme ist der Abschnitt am Donausüdufer in Höhe der Berufsschule. Hier wird ein kleiner Park entstehen, der unter dem Begriff Animal Aided Design läuft. Sitzen, Natur erleben und verweilen unter bestehenden großen Bäumen, aber gleichzeitig den Fluss im Blick, das wird für eine enorme Aufenthaltsqualität sorgen. Die Fertigstellung wird 2020 sein.
Aber ein Thema ist noch nicht gelöst. Das ist der Zugang an die Donau von Norden, also der Kernstadt kommend. Eine unbereinigte Situation ist hier die Theaterterrasse mit der Gastronomie. Diese ist heute nicht mehr würdig, das sagen sowohl der Intendant als auch der Kulturreferent als auch viele andere, die diese Terrasse früher einmal erlebt haben. Sie ist nicht barrierefrei, ist zu klein und man hat den Fluss überhaupt nicht im Blick. Die Idee wäre nun, die Theaterterrasse durch eine Stegkonstruktion – das muss kein einzelner breiter Steg sein – barrierefrei mit einer Grünbrücke mit einer Kaffeeplattform am Nordufer der Donau zu verbinden. Dadurch würde das Restaurant im Stadttheater aufgewertet werden, man hätte einen regulären Restaurantbetrieb im Winter und könnte im Frühjahr und Sommer die angedachte Theaterterrasse organisch weiter entwickeln in eine Donauterrasse. Es wäre möglich, die Küche und die Toilettenanlagen des Theaterrestaurants zu nutzen und dadurch mehr Geld in die Barrierefreiheit, die Grünbrücke und die Restaurantplattform zu investieren. Darüber hinaus wäre das Theater mit der Donau verbunden und die Kammerspiele könnten unbeirrt weiter fortgeführt werden. Damit wäre für Theater-, Kammerspiele- und Restaurantbesucher ein Angebot geschaffen. Ich schlage dazu vor, in Zukunft den Begriff „Donauterrasse am Theater“ zu nutzen.
Von der Donau zum See. Wir haben einen neuen Ingolstädter See auf dem Gelände der Landesgartenschau. Momentan wird dort eifrig gearbeitet. Sind Sie zufrieden mit dem, was passiert?
Ich habe vor fünf Jahren, als ich Oberbürgermeister geworden bin, an die Landesgartenschaugesellschaft zwei große Bitten gehabt, ausgehend von meinen persönlichen Erlebnissen als damals junger Familienvater. Kinder möchten ans Wasser und mit dem Wasser spielen. Inzwischen sind meine Kinder älter geworden, aber der Drang, am Wasser zu spielen, ist nach wie vor da. Ich bin froh, dass meine Wünsche von damals nun umgesetzt wurden, nämlich einen See zu schaffen und darüber hinaus einen großen, abgesicherten Wasserspielplatz. Ich kann offen sagen, dass ich mir das von einem großen Kinderparadies in Zirndorf bei Nürnberg abgeguckt habe. Nach dem Donauwurm, den ich mit dem Gartenamtsleiter Linder in die Wege geleitet hatte, und die Donaubühne von Bürgermeister Wittmann aufgewertet worden war, sollten weitere solche Konzepte geschaffen werden. Ich glaube, dass es in ganz Bayern einzigartig ist, dass ein dauerhafter öffentlicher Wasserspielplatz höchster Qualität geschaffen wird, denn sonst sind solche ausschließlich Spielplätze in privatwirtschaftlichen Erlebnisparks.
Was haben die Ingolstädter von der LGS?
Die Stadträte waren sehr weise in ihrer Entscheidung bei der Planung der Landesgartenschau. Natürlich muss sie als Festveranstaltung funktionieren, aber eigentlich muss der größte Teil des investierten Geldes in die sogenannte Dauereinrichtung, also den See, die Stadtterrasse, die Wege und Grünanlagen und eben in den Wasserspielplatz fließen. Man möchte eben keine große Party im Jahr 2020 haben und 2021 ist das Objekt sich selbst überlassen. Damit haben die Bürger etwas, was es in Ingolstadt so noch nie gegeben hat – eine neue Park- und Naherholungslandschaft, noch dazu einen Park, der den Kindern gewidmet ist.
Und es gibt auch genügend Schatten? Bäume und Schatten – das ist ja auch ein wichtiges Thema.
Viele Bäume sind gepflanzt, aber es dauert natürlich ein Jahrzehnt bis die Bäume die entsprechende Größe erreicht haben. Aber dann wird es genauso schattig wie im Klenzepark. Es ist grundsätzlich wichtig in Ingolstadt mehr Bäume zu pflanzen. Städte sind große Wärmespeicher, sind in der Nacht zu warm, trocknen daher über Gebühr aus, erhitzen sich am Tag viel zu stark und deswegen müssen wir mehr Bäume pflanzen und darüber hinaus mehr Blühwiesen anlegen. Aber die Bäume sind es, die für Kühle sorgen, den CO2- und Grundwasserspeicher bringen sollen, Ruß und Feinstaub filtern und damit für eine bessere Luft sorgen.
Bäume, Seen, Gartenschau – das klingt auch ein bisschen nach Erholung und Urlaub. Haben Sie als Oberbürgermeister eigentlich auch mal Urlaub?
Ich habe Urlaub und werde ihn in sportlicher Hinsicht nutzen. Ich werde mit Bürgermeister Albert Wittmann und dem FW-Fraktionsvorsitzenden Peter Springl, der uns das erste Mal begleitet, wieder mit dem Rad über die Alpen fahren. Auch Erich Fuchs ist mit dabei und ein Rathausmitarbeiter. Ziel ist der Gardasee.
Machen Sie das, um Kraft zu tanken und abzuschalten?
Erstmal Kraft aufwenden. Es ist nicht so einfach, wenn man das ganze Jahr über nicht genügend zum Sport kommt und Süßigkeiten mag. Aber man ist täglich fünf, sechs Stunden mit sich alleine auf dem Rad beschäftigt. Ich gebe zu, es ist ein Elektro-Mountainbike, weil ohne elektrische Unterstützung würde ich mit so einem schweren Bike auch nicht über Stock und Stein kommen.
Es steht eine Kommunalwahl vor der Tür. Jetzt ist Oberbürgermeister ein Fulltime-Job, bei dem nicht viel Zeit für die Familie bleibt. Was treibt Sie an, wieder als OB zu kandidieren?
Ich möchte ausdrücklich sagen, dass nicht jede Stadt für einen Oberbürgermeister so attraktiv und schön ist wie Ingolstadt. Wir haben so viele Kinder wie noch nie, wir sind eine junge, dynamische Stadt, wir können Wünsche auch umsetzen und wir haben einen Stadtrat, der sehr verantwortungsvoll mitarbeitet. Es gibt kaum einen Beschluss, der wirklich zu größeren Verwerfungen führt. Das ist eine Leistung, die der Stadtrat bei aller politisch notwendigen Debatte erbringt. In einer solchen Stadt Oberbürgermeister sein zu dürfen, macht Spaß, weil man die Träume der Bürger aufgreifen und umsetzen kann. Die Ingolstädter arbeiten in Bürgerbeteiligungen mit, haben selbst Ideen, fordern die Politik auch. Das ist gut und viel besser, als Desinteresse zu zeigen. Da möchte ich auch Jugendgruppen wie „Fridays for Future“ mit einbeziehen, die ihre Zukunft artikulieren so wie unsere Generation ihre Zukunft auch artikuliert hat.